19 Kinderbücher und Comics zum Thema Abschied, Tod und Trauer
vorgestellt von Kinderbuchexpertin Ilona Stütz
30.06.2024
Wir haben acht Fragen an Ilona, die uns 19 Kinderbücher und Comics liebevoll vorstellt, in denen es um Tod und Abschied geht! Die Liste findet ihr am Ende des Interviews oder hier: direkt zur Liste
Für alle, die dich noch nicht kennen: Wer bist du und was machst du Schönes?
Mein Name ist Ilona, auf Instagram findet man mich unter @Ilona.stuetz. Ich arbeite seit einigen Jahren im Projektmanagement für unterschiedliche Bildungs- und Kunst/Technikvermittlungsprojekte. In der Vergangenheit waren das zum Beispiel Jugend hackt in Berlin oder das Technische Museum in Wien.
Aber das wohl Schönste ist mein Hobby: meine Liebe zu Büchern und Comics.
Dieser Liebe gehe ich in Form von Kurzrezensionen auf Instagram nach, oder bei Vorträgen.
2022 habe ich dafür auch zwei Auszeichnungen bekommen - die der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendlitaturforschung für ausgezeichnete Abschlussarbeiten und die Talentförderung des Land Oberösterreich für Geistes- und Kulturwissenschaften.
Woher kommt deine Liebe/Faszination zu Kinderbüchern?
Ich habe an der Kunstuniversität Linz für das Studium Mediengestaltung meine Abschlussarbeit zur Repräsentation, also der Darstellung und Erzählweise, von Körpern in erzählenden Sachbilderbüchern verfasst.
Und erst wollte ich das sehr theoretisch angehen und die ausgewählten Bücher nach einem Kriterienraster analysieren und beurteilen. Dann habe ich auf Frage meiner Betreuerin hin, ob ich denn die Autorinnen und Illustratorinnen auch wegen Interviews anfragen will, auf gut Glück eine Menge Mails geschrieben und nicht viel Rückmeldung erwartet. Aber am Ende hatte ich mit sechs von sieben Personen Gespräche via Zoom die teils fast 2 Stunden lange waren. (Corona hat mir da sicher den Vorteil verschafft, das viele zu Hause waren und „nur“ Verpflichtungen online oder in den 4 Wänden hatten).
Diese langen Gespräche haben extrem spannende Einblicke gegeben, wie Buchtitel gewählt werden, warum diese und jene Kompromisse eingegangen werden, wie stark Erwachsene bei der Buchgestaltung mitgedacht werden müssen (Spoiler: fast am allermeisten, weil sie kaufen Bücher ein, erlauben das ausleihen und/oder lesen vor) und vieles mehr.
Diese zwei Zielgruppen (Kinder und Erwachsene) machen für mich Kinder- und Jugendbücher wohl auch am spannendsten. Gerade Bilderbücher sind einfach hoch-politisch. An ihnen kann man gut ablesen, worüber sich Erwachsene wohl genug fühlen zu sprechen, was sind gesellschaftlich als „Tabu“ markierte Themen, was soll (wieder) als „Tabu“ markiert werden.
Das Thema Tod ist für viele ja ein recht schweres, es wird nicht offen viel darüber geredet habe ich das Gefühl, gerade von Kindern wird das Thema oft noch weggehalten. Auch oft aus einer Unsicherheit heraus, denke ich. Daher danke dir für deine große Auswahl an einfühlsamen Büchern. Welches hat dich selbst sehr berührt/begleitet?
In meiner Familie gab es auch sehr früh einen Todesfall durch Krebserkrankung und ich kann mich erinnern, dass es dann „dieses eine“ Buch gab mit dem unsere Mutter versuchte mit mir und meiner Schwester über Tod zu sprechen und bei der Verarbeitung zu helfen. In meiner Erinnerung ist das Buch nicht sehr gut und es wirkte auch immer sehr erzwungen, sich bei der Gute Nacht Geschichte gezielt und notgedrungen wegen des Anlasses nun damit auseinandersetzen zu müssen.
Insofern bin ich begeistert, wie viele unterschiedliche Bücher es mittlerweile gibt, die mit so vielen Strategien an das Thema Tod herantreten.
Vermutlich sind es „Murr“ (Kibitz) von Josephine Mark und „Wenn die ganze Welt….“ (Insel) von Joseph Coelho und Allison Colpoys, die mich besonders berührten. „Murr“ weil ich erst mit dem plakativ anmutenden Humor überfordert war und ich dann aber merkte, wie er das Thema Tod in seiner Schwere entwaffnet und wie tief der Comic - auf subversive Weise - geht. Und „Wenn die ganze Welt…“ weil es mit so wenigen Worten, genau dieses Erinnern anhand kleiner Sinneswahrnehmungen so gut beschreibt.
Hast du eine schöne Erinnerung, an die du gern denkst, von jemandem, von dem du Abschied genommen hast? Das kann alles sein..eine Person, ein Tier oder auch ein Ort? Ich zum Beispiel freue mich jedes Mal darüber, dass ich die Schürzen anziehen kann, die ich von meiner Lieblingsoma habe, die schon gestorben ist. Jedes Mal wenn ich koche, kommen Erinnerungen an sie hoch, wie ich mit ihr in der Küche stand. Ich weiß ganz genau noch, wie es nach Butterschmalz gerochen hat und wie die Teetassen sich anfühlten, aus denen wir immer Opas Spezialmischung (Hagebutte und Pfefferminz) getrunken haben.
Wir sind eher ländlich aufgewachsen und die Eltern meines Vaters wohnten in einer größeren Stadt mit Stahlindustrie und Straßenbahnen, in der Küche hatten sie einen Gasherd. Ihre Haussiedlung verbinde ich ganz stark mit dem Geruch von Schweißarbeiten (auch wenn sie gar nicht so nah an der Straßenbahn wohnten). Immer wenn ich diesen Geruch nun in der Stadt rieche stehe ich sofort wieder in ihrer winzigen Küche.
Wenn man dein Instagramfeed so durchschaut, scheinst du ja unglaublich viele Bücher zu lesen. Welches davon du am häufigsten verschenkt?
Ich verleihe Bücher total gerne. (Häufig auch ungefragt; aber bisher kamen noch keine Beschwerden.) Eine Freundin hat ihre Masterarbeit geschrieben zu Comics und Gender und immer wenn sie bei mir zu Besuch war habe ich ihr andere Bücher mitgegeben, die zum Thema passen.
Ich habe damals auch die Literaturliste meiner Abschlussarbeit auf meiner Webseite geteilt, weil ich mir dachte „Jetzt habe ich alles zu diesem Thema gesucht - warum nicht mit anderen teilen, vielleicht hilft es.“.
Zuletzt habe ich „Feminists in Progress“ (Carlsen) von Lauraine Meyer verschenkt, „Dragman“ (Schaltzeit Verlag) von Steven Appleby empfohlen und „Die dicke Prinzessin Petronia“ (Avant Verlag) von Katharina Greve verliehen.
Wieviele Bücher liest du gleichzeitig?
Ich muss zugeben, dass es gar nicht so viele sind. Ich bin aktuell in einer Phase in der ich Dinge viel lieber höre als mich auf längere Texte zu konzentrieren. Ich bin riesiger Podcast Fan und Hörbücher.
Bei Bilderbüchern oder auch Comics lese ich eher immer alle auf einmal aus.
Was liest du gerade?
Als Hörbuch habe ich zuletzt „Will I Ever Have Sex Again“ von Sofie Hagen gehört. Und ich lese mich gerade etwas durch die „Max und Moritz“ Nominierten und Preisträger*innen - zb mit „Boris Babette und lauter Skelette“ von Tanja Esch (Kibitz), „Nika, Lotte, Mangold!“ (Rotopol) von Thomas Wellmann und „Emmie Arbel. Die Farbe der Erinnerung“ (Reprodukt Berlin) von Barbara Yelin.
Wenn bald dein Geburtstag wäre, was würde auf deiner Wunschliste stehen?
Eine Stelle bei der ich beruflich an Kinder- und Jugendbüchern und deren Entstehung und Wirkung forschen könnte :)
Und realistische Wünsche: Comics gehen immer und ich liebe es Post zu bekommen (also Post, die mit Sicherheit keine Rechnung ist)
Abschied, Tod und Trauer –
19 Comic- und Buchempfehlungen für Kinder von Ilona
-
Radieschen von unten - Katharina von der Gathen
Child Of Galaxies
Wie lange dauert Traurigsein? - Maria Farm
Ein Ort für meine Traurigkeit - Anne Booth
Murr - Josephine Mark
Wie man sich mit einem Gespenst anfreundet - Rebecca Green
Oma, wann stirbst du? - Nina Mav Hrovat
Die Blumenfrau - Anne-Christin Plate
Ein Garten für uns - Zoë Tucker
Baba Anna - Yaroslava Black
Julia und ihr kleiner Urgroßvater - Jens Sparschuh
Wenn die ganze Welt ... - Joseph Coelho
Großvaters Walnuss - Ammi-Joan Paquette
Seifenblase - Genevieve Castrée
Eine Tüte voll Papa - Marion Hübinger
Die Farbe von Zitronen - Kenesha Sneed
Beppo wird alt - Burkhard Spinnen
Für immer in meinem Herzen - Kelly Wu
In Our Garden - Claus Daniel Herrmann